18. Oktober 2022
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD), www.tchrd.org

Fünf Tibeter wegen der Präsentation eines Dalai-Lama-Lieds in chinesischen sozialen Medien festgenommen

Die chinesischen Behörden haben am 13. Oktober fünf tibetische Männer in der Tibetischen Autonomen Präfektur Golog (chin. Guoluo) in der Provinz Qinghai (tibetische Provinz Amdo) festgenommen.

Sie wurden von der örtlichen chinesischen Polizei im Zusammenhang mit einem Lied über das geistige Oberhaupt Tibets, Seine Heiligkeit den Dalai Lama, verhaftet, das im Rahmen eines Musikwettbewerbs auf der beliebten chinesischen Kurzvideoplattform Kuaishou dargeboten wurde.

Unter den Festgenommenen befinden sich der Sänger Derab, der das Lied vortrug, und der Musiker und Komponist des Liedes, der noch nicht identifiziert werden konnte. Drei weitere Männer, die mit dem Komponisten und Musiker in Derabs Haus waren, wurden ebenfalls festgenommen.

Ein Auszug aus dem zensierten Lied lautet: „Der edle Lama wurde in Tibet geboren, Er vollbrachte tugendhafte Taten in fremden Ländern. Liebender und mitfühlender Lama! Betet für seine baldige Rückkehr!“.

Ein Screenshot des Videos des Musikwettbewerbs auf Kuaishou, links ist der Sänger Derab und rechts die Jury zu sehen

Bis auf den nicht identifizierten Musiker und Komponisten wurden alle anderen nach einem Tag strenger Verhöre freigelassen. Gegen Derab wurde jedoch ein unbefristetes Verbot der Teilnahme an Musikwettbewerben verhängt, und er wurde gezwungen, eine Erklärung zu unterzeichnen, wonach er niemals wieder bei Festivals oder Versammlungen auftreten werde. Wenn er auf Online-Plattformen live auftreten will, muß er vorher eine Genehmigung einholen.

Der Live-Musikwettbewerb, an dem Derab und andere teilgenommen haben, wurde von den Zensoren von Kuaishou nach der Hälfte abgebrochen, weil die Übertragung zu lang gewesen sei. „Normalerweise kann man 24 Stunden lang ohne zeitliche Begrenzung live streamen. Da Derab dieses Lied über Lagya [tibetischer Nationalstolz] sang, wurde das Live-Streaming nach etwa anderthalb Stunden unterbrochen“, so eine Quelle gegenüber TCHRD.

Unmittelbar nachdem der Online-Wettbewerb abgeschaltet wurde, hörte man eine Stimme aus dem Live-Streaming-Dienst rufen: „Wer sind die?“ Es wird vermutet, daß es die Stimme eines der vielen Zensoren war, die von dem Unternehmen eingestellt wurden. Berichten zufolge verfügte Kuaishou 2019 über ein Zensorenteam von 2000 Mitarbeitern und plante die Einstellung von weiteren 3000 Zensoren, um sicherzustellen, daß seine Nutzer nicht gegen die Vorschriften der chinesischen Regierung verstoßen.

Das TCHRD fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung des nicht identifizierten Komponisten und Musikers und verurteilt die Inhaftierung der fünf Personen aufs Schärfste. Die gegen den Sänger Derab verhängten Beschränkungen entbehren jeder Grundlage im chinesischen Recht und müssen unverzüglich aufgehoben werden.

Kuaishou sollte es unterlassen, das Recht seiner Nutzer auf freie Meinungsäußerung zu verletzen und die Inhalte der Nutzer auf seiner Plattform zu zensieren. Sowohl Unternehmen als auch staatliche Regulierungsbehörden dürfen die Menschenrechte von Online-Nutzern nicht gefährden. Insbesondere tragen alle Unternehmen die Verantwortung, die Menschenrechte zu respektieren, wie es in den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte vorgesehen ist.